AD(H)S – was ist das?

Das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom mit oder ohne Hyperaktivität ist eine Funktionsstörung des Gehirns. Wichtige Botenstoffe funktionieren nicht optimal in ihrem Zusammenspiel, die Hirnreifung ist verlangsamt. Dadurch können eingehende Informationen nicht gefiltert oder richtig verarbeitet werden und dies vor allem in Regionen, die für die Verhaltens- und  Gefühlssteuerung zuständig sind.

Bei etwa der Hälfte der betroffenen Kinder bleibt das ADHS bestehen und setzt sich auch im Erwachsenenalter mit leicht veränderten Symptomen fort. Hier ein Überblick der Symptome bei Kindern und Erwachsenen, mit den Hauptsymptomen: Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität.

Kinder:

  • Hyperaktivität:
    • Andauerndes Reden
    • Immer in Bewegung, wie aufgedreht
    • Kann nicht auf dem Platz sitzen, Zappelei
    • Ungeduld
  • Impulsivität:
    • Platzt mit Antworten heraus
    • Kann nicht warten, bis er/sie an der Reihe ist
    • Stört und unterbricht andere
    • Reagiert unangemessen, ohne zu überlegen
  • Unaufmerksamkeit:
    • Schwierigkeit, sich zu konzentrieren
    • Schnell abzulenken, vergesslich
    • Kann Anweisungen schlecht aufnehmen
    • Chaotisch
    • Verlegt/verliert Sachen
    • Keine Einsicht, Schulaufgaben zu erledigen

Erwachsene:

  • Hyperaktivität:
    • Reden ohne Punkt und Komma
    • Innere Nervosität/Unruhe/Anspannung
    • Rasanter Lebensstil, z. B.: Riskantes Autofahren
    • Ungeduld
  • Impulsivität:
    • Cholerisches Verhalten
    • Häufiger Arbeitsplatzwechsel
    • Häufiges Suchtverhalten (Alkohol, Drogen, Medikamente)
    • Redet oder trifft Entscheidungen, ohne die Konsequenzen zu bedenken
  • Unaufmerksamkeit:
    • Probleme, Konzentration aufrecht zu erhalten, z. B. beim Erledigen von Büroarbeiten u. a.
    • Nicht „bei der Sache“, vergesslich
    • Desorganisiert, ineffektive Arbeitsweise
    • Verliert/verlegt Sachen
    • Vermeidungsverhalten bei speziellen Aufgaben
    • Schwierigkeiten, Aufgaben zu Ende zu bringen

Ein ADHS kann bei den Betroffenen in Symptomatik und Ausprägung stark variieren, es gibt kein einheitliches Bild. Jedoch hat die WHO genaue Vorgaben vorgelegt, welche typischen Krankheitssymptome in ausreichender Anzahl und Ausprägung eine ADHS Diagnose rechtfertigen. Der multimodale Diagnoseansatz beinhaltet Untersuchungen, die zur Untermauerung der Verdachtsdiagnose notwendig sind: Verschiedene standardisierte Tests, Selbstbeurteilungs- und Fremdbeurteilungsverfahren, Neurologische Untersuchungen, EEG.

Die Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt, es werden genetische und umweltbedingte Faktoren vermutet, die in der Schwangerschaft und während der Geburt Auswirkung auf die Gehirnentwicklung haben. Das betrifft vor allem die Botenstoffe Dopamin und Noradrenalin. Wissenschaftliche Studien belegen klar, dass die elterliche Erziehung nicht die Ursache für diese psychiatrische Erkrankung ist. Allerdings bewirkt sie Verhaltensauffälligkeiten, die wiederum Probleme in der Erziehung verursachen. Dies kann zu einem sogenannten Teufelkreis führen, aus dem die Beteiligten ohne professionelle Hilfe nicht aussteigen können. Die Therapiemöglichkeiten bestehen aus Beratung und Psychoedukation (Coaching). Außerdem kann eine Medikation notwendig sein, um den betroffenen Patienten mit einer Psychotherapie überhaupt zu „erreichen“. Bleibt ein kindliches ADHS unbehandelt, entwickeln sich oft zusätzliche psychische Erkrankungen (komorbide Erkrankungen), die ebenfalls behandelt werden müssen: Depressionen, Angst-, Zwangs- und Suchterkrankungen. Sie stehen oft im Vordergrund und das zugrunde liegende ADHS wird nicht erkannt.

Zum Schluss ein kleiner Trost:
ADHS ist therapierbar und ADHS hat auch positive Seiten: Die Betroffenen sind oft sehr begeisterungsfähig, haben außergewöhnliche Ideen, sind offen für Neues und haben einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Viele Menschen mit besonderen Lebensläufen, Erfinder, Komponisten, Politiker der Weltgeschichte, hatten und haben, aus heutiger Sicht, mit höchster Wahrscheinlichkeit ein ADHS.